Berlin ist eben Berlin
Ein paar Gedanken zur Wiederholungswahl in Berlin.
Gastbeitrag von Siegurd Seifert
Was für ein Tag, dieser 12. Februar 2023. Es ist ein grauer, leicht
nebliger Wintertag, der diesen Namen nicht verdient. Laue
Temperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit lassen einen
vorzeitigen Frühlingstag vermuten und der Autor erinnert sich
nur zu gern an Zeiten, als gerade jetzt noch einmal Frau Holle zu
einem Rund-um-Schlag ausholte und kräftig ihre Betten
schüttelte.
Wie dem auch sei, dieser Februartag war der Tag, der Klarheit in
die Berliner Politik bringen sollte. Es wurde nach nur etwas über
einem Jahr erneut gewählt und die Bürger hatten die
Gelegenheit, Fehler, die ihnen bei er Wahl im vergangenen Jahr
unterlaufen waren, zu korrigieren. Oder die Wähler waren
erschrocken über das, was sie mit ihrer Stimme angerichtet
hatten. Wie auch sei, es gab die Chance, etwas zu verändern.
Und das taten sie, diese unberechenbaren, undurchschaubaren
Bürger. Sie haben tatsächlich die regierenden Parteien abgestraft,
wie es selten der Fall in der deutschen Politik geschehen ist. Der
regierenden SPD sind die Wähler in Scharen davongelaufen, bei
den Grünen waren es nicht ganz so viel, aber immerhin.
Am meisten zugelegt hat die CDU, die aber mit diesem Wahlerfolg
gar nicht so viel anfangen kann. Kai Wegener, der
Spitzenkandidat dieser Partei, hat das Privileg, die neue
Regierung zu bilden. Da die demokratischen Spielregeln aber
verlangen, dass er die Mehrheit haben muss, braucht er Partner.
Langjähriger Juniorpartner war die FDP, aber die ist ihm
abhandengekommen. Ein ungeschriebenes Gesetz verbietet die
Zusammenarbeit mit der AfD, so bleibt nur das bisherige
Koalitionsgespann. Vollmundig hat Wegener erklärt, er werde
Maßnahmen, die die Grünen initiiert hatten, sofort zurücknehmen.
Die Grünen ihrerseits signalisierten, eine Zusammenarbeit mit der
CDU sei auszuschließen. Aber wie das bei Politikern nun einmal
üblich ist, was interessiert sie das Gewäsch vor der Wahl.
Wegener erklärt nach der Wahl, er werde Gespräche mit allen
demokratischen Parteien führen, Grünen-Spitzenkandidatin
Bettina Jarasch deutet an: Na ja, man muss jetzt mal sehen,
inwieweit die CDU gehen kann und will. Womit sich wieder einmal
zeigt, manche Leute halten die Nase immer in den Wind, egal, aus
welcher Richtung er kommt. Hauptsache dabei sein, ist die
Devise.
In den Berliner Bezirken geht es noch verrückter zu. Die CDU
müsste in den Stadtteilen, in denen sie die Mehrheit der Stimmen
erzielt hat, die Bürgermeister stellen. Die sind aber verbeamtet
und können nicht einfach ersetzt werden. Bis zum Ende der
Legislaturperiode werden sie also im Amt bleiben.
Berlin ist eben Berlin. Viele Millionen Euro für eine “vergeigte
Wahl” ausgegeben, wie sie Linken-Spitzenkandidat Lederer
bezeichnete und herauskommt womöglich die gleiche
Konstellation, wie vor der Wahl. Na wenigstens hat es diesmal in
den Wahllokalen funktioniert. Ob das vielleicht an der geringen
Wahlbeteiligung gelegen hat? Oder an dem deutlich gestiegenen
Handgeld für die Wahlhelfer?